Sonntag. Regen-
und Graupelwetter. Immer wieder Regenschauer, versetzt mit Schnee. Ideales
Wetter, um einen Tag kuschelig und gemütlich zu Hause zu bleiben. Gute Musik
auflegen, auf der Couch sitzen und vielleicht zwischendurch etwas anregendes
Lesen. Hört sich gut an, oder?
Gestern war genauso ein Sonntag. Und ich hätte Lust dazu
gehabt, obiges Sonntagsprogramm anlaufen zu lassen. Doch es sollte anders
kommen.
Quelle: Pixabay, Skatti |
Bäh – ich will bei diesem Wetter nicht raus
Ich war für diesen Nachmittag angemeldet bei einer
halbtägigen, geführten Wanderung. „Oh nein“ war mein erster Gedanke, „jetzt war
es doch diese Woche immer wieder mal so schön sonnig, warum ausgerechnet heute
nicht?“
Spüre die leise Hoffnung in mir, dass er vielleicht noch kommt, der Anruf, der die
ganze Sache absagt. In diesem Moment war ich weit davon entfernt, einfach die
Gegebenheiten anzunehmen, so wie sie sich bieten.
Die Zeit verging, meine Hoffnung schwand – kein Anruf kam. Offensichtlich
wollte die Organisatorin die Wanderung wie geplant durchziehen.
So ein wenig
trockener wurde es draußen und die Vorhersage hörte sich einigermaßen
freundlich an. Also auf geht’s, den „inneren Schweinehund“ auf leise stellen,
Tee kochen, Brot schmieren, wetterfeste Kleidung raussuchen und Abmarsch.
Meditative Wanderung trotz Regen
Auf dem Programm stand eine meditative Wanderung als Einladung, mal innezuhalten, dankbar
zurückzuschauen und hoffnungsvoll nach vorne zu blicken.
Häufig macht man dieses
ja beim Jahreswechsel oder an den Geburtstagen. Gestern war Frühlingsanfang.
Für mich ist dies auch immer ein Datum, an dem irgendwie das Jahr in der Natur neu
beginnt. Die Winterruhe neigt sich dem Ende entgegen. Aufbruchsstimmung. Ein
durchaus passender Tag für dankbare Rückschau und innere Öffnung für das Neue.
9 Frauen (von ursprünglich 14 angemeldeten) haben sich tatsächlich
am Startpunkt eingefunden. Mit einer kurzen Runde, wie es jeder gerade so geht,
begann es und siehe da, ich war nicht alleine mit meiner leisen Hoffnung, doch
nicht raus zu müssen in das nasskalte windige Wetter. Auf einmal fühlt man sich zusammengehörig und ein wenig stolz waren
wir dann schon alle auf uns, dass wir trotzdem hier waren.
Annahme von dem was ist?
Nach einem einleitenden Textimpuls ging‘s los, begleitet von
einem kräftigen Regenschauer und einigen Windböen.
Gleich zu Beginn eine
wunderbare Übung für mich, um aus dem Widerstand zu gehen. Wie fühlt es sich
an, wenn ich jetzt innerlich „stänkere“ weil ich den Wind ungemütlich finde und
mir Sonne lieber wäre wie Regen? Fühlt sich gar nicht gut an. Da ist gar keine
Freude zu spüren.
Aber ich kann ja lenken, wie ich mich fühle. Habe die Macht,
meine Gedanken zu stoppen. Und aus dem Widerstand rauszugehen. Raus aus dem
Widerstand, rein in die Annahme.
Ja, es regnet gerade, doch ich habe mich gut eingepackt und
bleibe trocken. Und ich bin froh in einem Land zu leben, in dem es häufig
regnet. Wasserknappheit kennen wir nicht. Dankbarkeit,
denn ohne Regen wäre dies anders. Und auch der Wind ist einfach da. Ohne ihn
gäbe es die Regenwolken nicht.
Da muss ich halt das Tuch um den Hals ein wenig
enger legen, den Reißverschluss der Regenjacken bis ganz oben gut zuziehen, Mütze
aufsetzen und die Kapuze auch noch drüber. Perfekt.
In die Stille kommen und dankbar zurück blicken
Die erste Wegstrecke wird munter geplaudert bis zum ersten
Stopp. Dann werden wir aufgefordert, das nächste Stück schweigend weiter zu
gehen und in Gedanken das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Darauf
achtend, was alles war für was ich dankbar sein kann. Und auch auf die Dinge zu
achten, die sich zeigen und für die ich erst gar nicht wirklich Dankbarkeit
empfinden kann.
Na, das wird eine leichte Übung dachte ich, denn mit dem Thema
Dankbarkeit habe ich mit schon oft beschäftigt. Kürzlich hatte ich erst
einen Blogartikel
dazu geschrieben.
Dennoch war ich wirklich sehr überrascht, was in mir
passierte. Insgesamt empfand ich 2014 als sehr herausfordernd, weil ich mich
intensiv immer wieder mit dem Thema „Loslassen“ auseinander setzen musste.
Dennoch war es ganz schön viel, was sich unterm Gehen zeigte, für was ich von
Herzen dankbar bin. Das war ein ganz eigenes Erleben. In der Gruppe schweigend
gehen, den Wind im Gesicht spürend, der fast etwas reinigendes hatte, und
einfach alles hochkommen lassen, was sich zeigen möchte. Spannend.
Tanzen – einfach so im Wald?
Dann gab es wieder einen Stopp. Und wir machten einen
Kreistanz. Im Vorfeld war ich doch sehr skeptisch, ob ich das wirklich will, so
mitten in der Natur tanzen. Wo doch jederzeit jemand vorbeikommen und mich sehen
kann!
Doch in der Gruppe, in dieser schönen Stimmung, war es gar keine Frage
mehr, es war eine Selbstverständlichkeit und eine richtig schöne Erfahrung.
Es
war so ein stimmiger Abschluss des schweigenden Gehens und das Gefühl der Dankbarkeit hat sich in diesem Tanz
tatsächlich für mich ausgedrückt.
Dann folgte wieder ein Wegstück im Austausch, unterbrochen
von einer kurzen Pause, in der wir uns stärkten und noch einmal tanzten.
Visionen
Ja und dann bekamen wir wieder einen Impuls und es begann der
nächste Abschnitt des Weges, den wir schweigend zurücklegten.
Diesmal ging es
darum, sich zu öffnen für das, was vielleicht auf uns wartet, was in uns steckt
und sich entfalten möchte. Um Visionen, Hoffnungen und Vertrauen.
Und mit jedem
Schritt hatte ich das Gefühl, dass ich immer weiter, immer offener werde. Ein
inneres JA war spürbar. Freude und Frieden.
Mittlerweile war es trocken geworden, der Wind hatte
deutlich nachgelassen.
Das war für mich irgendwie wie eine äußere Choreographie.
Am Ende dieses Schweigestücks kam tatsächlich - ganz zögerlich – immer wieder
mal die Sonne durch.
Die letzten Meter zu unserem Ziel legten wir wieder im
Austausch zurück. Auch die Art, wie sich unterhalten wurde, war total stimmig.
Nicht laut, trotzdem war es ganz leicht und fröhlich. Sehr angenehm.
Das Ziel ist erreicht
Unser Ziel lag auf einem kleinen Hügel, mit einem schönen
Blick übers Land. Wir haben uns dort oben versammelt für eine Schlussrunde und zwei
abschließende Tänze.
Gerade als wir mit der Schlussrunde beginnen wollten, kam
die untergehende Sonne noch einmal zum Vorschein und tauchte alles für einen
Moment in goldenes Licht. Es war so unglaublich schön.
Kannst du dir vorstellen, wie glücklich ich in diesem Moment
war, dass ich losgegangen war? Was hätte ich versäumt, wenn ich auf der Couch
geblieben wäre. Diese untergehende Sonne war ein richtiges Abschlussgeschenk.
In mir war eine ganz tiefe Zufriedenheit und Freude. Dankbarkeit.
Es war ein rundum gelungener Nachmittag. Und so wie mir ging es
interessanterweise auch den anderen Frauen. Alle fühlten sich wohl und reich beschenkt.
Ich fand die Abfolge des Wetters während unserer meditativen
Wanderung unglaublich. Die Rückschau, die auch etwas Reinigendes hat, begleitet
von Regen und Wind. Die Visionsphase und Öffnung mit Nachlassen des Windes und
aufreißender Wolkendecke und das Beschenken mit dem goldenen Farbenspiel der
Sonne als Abschluss.
Einladung zum Austausch
Hast du auch schon so Tage gehabt, an denen du am liebsten
gar nicht erst losgegangen wärst und am Ende warst du richtig froh, dass du es
doch getan hast? Lässt du mich daran teilhaben? Ich freue mich auf deinen
Kommentar.
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